Die Verfassungs- und somit Rechtswidrigkeit des obligatorischen Sexualkundeunterrichts
Der Zwang zur Teilnahme an Sexualkundeunterricht stellt einen Eingriff namentlich in folgende Grundrechte dar:
- Das Recht auf persönliche Freiheit des Kindes (Art. 10 BV): Die Sexualität gehört zum Kernbereich der persönlichen Freiheit. Vom Staat erzwungener Sexualkundeunterricht – d.h. die zwangsweise Konfrontation mit sexuellen Themen – greift in dieses Freiheitsrecht ein, so namentlich in das Recht, sich nicht mit einer sexuellen Fragestellung auseinandersetzen zu müssen. Sexualkundeunterricht stellt per se einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der unterrichteten Kinder dar. Dafür bedarf es keiner spezifisch sexuellen Darstellungen (Bilder, Sprache, Inhalt) und auch keiner Aufforderungen zu Berührungen (Übungen, in denen sich Kinder gegenseitig berühren), wird dort aber besonders augenscheinlich.
- Der Schutz der Kinder (Art 11 BV): Der Anspruch auf persönliche Freiheit gilt verstärkt für Kinder. Kinder sind besonderes schützenswert. Der Schutz vor Eingriffen in die persönliche Freiheit greift weiter, je jünger ein Kind ist. Der Eingriff in die persönliche Freiheit gemäss Spiegelstrich 1 wiegt in casu somit umso schwerer.
- Der Schutz des Privat- und Familienlebens des Kindes und der Eltern (Art. 13 BV): Die Sexualität gehört dem Intim- und mithin dem Privatbereich jedes Menschen an. Der Zwang von Kindern zur Teilnahme an Sexualkundeunterricht greift in diesen Schutzbereich und in die damit verbundene Gestaltungsfreiheit der Kinder und der Eltern ein.
- Die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Eltern (Art. 15 BV): Die Glaubens- und Gewissensfreiheit umfasst auch das Recht auf Freiheit in der Weltanschauung. Dies umfasst das Recht der Eltern auf eine Erziehung, die im Kernbereich mit ihren Wertvorstellungen übereinstimmt. Damit umfasst es auch ein Recht der Eltern, ihre Kinder noch nicht bzw. auf individuelle Weise mit sexuellen Fragestellungen zu konfrontieren, sie mithin von staatlichem Sexualkundeunterricht fernzuhalten bzw. dispensieren zu lassen.
Es erscheint bezeichnend, dass die geistigen Väter des neuen Unterrichtskonzepts diese Grundrechtsimplikationen mit keinem Wort erwähnt haben (Grundlagenpapier Sexualpädagogik und Schule, S. 18 ff.). Das im Gegenzug propagierte Recht von Kindern auf altersspezifische Sexualerziehung (S. 30) ist eine Erfindung und findet in der Bundesverfassung keine Stütze. Dies wird auf Stufe Kindergarten besonders offensichtlich.
Eingriffe in Grundrechte können im Einzelfall gerechtfertigt sein. Sie bedürfen aber in jedem Fall einer gesetzlichen Grundlage. An einer solchen mangelt es in casu. Das Schulgesetz enthält keinen Hinweis auf den Sexualkundeunterricht an Kindergärten und Primarschulen. Entsprechend kann die neue Regelung nicht auf einen demokratischen Prozess zurückblicken bzw. ist nicht demokratisch legitimiert. Die Regelung erfolgt normativ vielmehr auf unterster Regelungsstufe (interne Rundschreiben, Verwaltungsverordnung) – Leitfaden zum Lehrplan, Handreichung –, was mit Blick auf die hier zur Diskussion stehenden Grundrechtseingriffe nicht ausreichen kann (auch nicht im sog. Sonderstatusverhältnis Schule).
Selbst wenn es eine gesetzliche Grundlage gäbe, wäre weiter kein nachweisbares, legitimes öffentliches Interesse an Sexualkundeunterricht auf Stufe Kindergarten erkennbar. Der – sodann – zwingend erforderliche Nachweis der Erforderlichkeit, Geeignetheit oder Verhältnismässigkeit der neuen Unterrichtsmethoden fehlt vollständig. Die diesbezügliche Nachweislast obläge einzig und allein den Behörden.
Sexualkundeunterricht am Kindergarten und an der Primarschule nach Massgabe der neuen rechtlichen Grundlagen des Kantons Basel-Stadt ist nach dem Gesagten verfassungswidrig und damit rechtswidrig.